Am 27. Februar 2023 – am 80. Jahrestag – luden der Initiativkreis und die Ständige Konferenz der NS-Gedenkorte im Berliner Raum zum Gedenken an die »Fabrik-Aktion« und den Protest in der Rosenstraße ein.
Über 200 Gäste nahmen an der Gedenkzeremonie teil, die in der Großen Hamburger Straße in Berlin-Mitte begann. Kantor Simon Zkorenblut und Rabbiner Yitzhak Ehrenberg, beide von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, leiteten das Gedenken mit einem El Male Rachamin und einem Kaddisch ein.
Nach dem anschließenden Schweigemarsch zur Skulptur von Ingeborg Hunziger in der Rosenstraße hieß Prof. Dr. Johannes Tuchel, Mitglied der Ständigen Konferenz und Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, die Teilnehmer/-innen willkommen. S. E. Prof. Ron Prosor, Botschafter des Staates Israel, erinnerte an seine eigene Familiengeschichte und die Flucht seiner Großeltern 1933 aus Berlin und würdigte den Mut der Frauen vor genau 80 Jahren. Die israelische Künsterlin Inbar Chotzen, Nachfahrin von Elsa Chotzen – die einst mit anderen Frauen die Freilassung ihrer jüdischen Männer und Söhne forderte – wünschte sich, »dass Sie meine Familie durch meine Kunst, durch meine Augen sehen können.«
Dr. Mosche Abraham Offenberg von der Israelischen Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) zu Berlin – aus dessen Familie 11 Personen in der Shoah ermordet wurden – fand in seinem Merkwort wie immer sehr eindringliche Worte. »Rosenstraße war einzigartig. Es war eine Ausnahme. Die Frauen bewiesen, dass Widerstand möglich und sinnvoll war.«
Im Anschluss gab es einen trialogischen Austausch der Religionen, gemeinsam von Pfarrerin Marion Gardei, Kantorin Esther Hirsch und der islamischen Theologin Kübra Dalkilic vorgetragen: »Es ist wichtig Nein! zu Ungerechtigkeiten zu sagen. Es ist wichtig Nein! zu Menschenrechtsverletzungen zu sagen. Und den Worten, Taten folgen zu lassen. Genau dies haben die mutigen Menschen uns in der Rosenstraße gezeigt und haben damit großes bewirkt.«
Die Reden wurden von Kantorin Esther Hirsch und Rabbinerin Gesa Ederberg mit einem Gebetsgesang und einem Kaddisch umrahmt.
Am Ende der Gedenkveranstaltung wurden gemeinsam weiße Rosen niedergelegt.
Die gesamte Zeremonie kann hier noch einmal nachverfolgt werden:
Interviews zu 80 Jahre Frauenprotest in der Rosenstraße mit Prof. Dr. Johannes Tuchel:
Mahnmal in der Großen Hamburger Straße © Marko Priske/Ständige Konferenz
Rabbiner Yitzhak Ehrenberg und Kantor Simon Zkorenblut, Jüdische Gemeinde zu Berlin © Marko Priske/Ständige Konferenz
Rabbinerin Gesa Ederberg, Ana-Maria Trăsnea, Staatssekretärin für Engagement-, Demokratieförderung und Internationales und S. E. Prof. Ron Prosor, Botschafter des Staates Israel in der Großen Hamburger Straße © Marko Priske/Ständige Konferenz
Henrik Kosche, Inbar Chotzen, S. E. Prof. Ron Prosor und Prof. Dr. Johannes Tuchel während des Schweigemarches © Marko Priske/Ständige Konferenz
Prof. Dr. Tuchel, Mitglied der Ständigen Konferenz und Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand © Marko Priske/Ständige Konferenz
S. E. Prof. Ron Prosor © Marko Priske/Ständige Konferenz
Inbar Chotzen, israelische Künstlerin © Marko Priske/Ständige Konferenz
Dr. Mosche Abraham Offenberg, Israelitische Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) zu Berlin © Marko Priske/Ständige Konferenz
Marion Gardei, Kübra Dalkilic und Esther Hirsch © Marko Priske/Ständige Konferenz
Rabbinerin Gesa Ederberg, Jüdische Gemeinde zu Berlin © Marko Priske/Ständige Konferenz
Gesa Ederberg, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, Ana-Maria Trăsnea, S. E. Prof. Ron Prosor und Prof. Dr. Johannes Tuchel in der Rosenstraße © Marko Priske/Ständige Konferenz
Petra und Franz Michalski © Marko Priske/Ständige Konferenz
Skulptur von Ingeborg Hunzinger in der Rosenstraße © Marko Priske/Ständige Konferenz
Zum Thema
Am 27. Februar 1943 – vor 80 Jahren – fand im Deutschen Reich die »Fabrik-Aktion« statt, bei der Tausende Jüdinnen und Juden an ihren Zwangsarbeitsstätten verhaftet und anschließend nach Auschwitz deportiert wurden. In Berlin waren auch viele in sogenannter Mischehe Lebende darunter, die im Sammellager Rosenstraße 2–4, dem ehemaligen Wohlfahrtsamt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, inhaftiert wurden. Als ihre Angehörigen erfuhren, wo sie sich befanden, versammelten sie sich vor dem Gebäude. Es waren vor allem Frauen und Kinder, die dort tagelang ausharrten – bis zur Freilassung der Festgenommenen.
Initiativkreis:
Anne Frank Zentrum, Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Bet Debora e.V., Bezirksamt Mitte von Berlin, Deutsch-Israelische Gesellschaft, Deutscher Juristinnenbund e.V. (Landesverband Berlin), Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit im Erzbistum Berlin, Frauenarbeit der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Gedenkstätte Stille Helden, Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Israelitische Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) zu Berlin, Jüdische Gemeinde zu Berlin, Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt, Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, Stiftung Zurückgeben, Überparteiliche Fraueninitiative Berlin – Stadt der Frauen e.V.