Auch 2021 luden der Initiativkreis Rosenstraße und die Ständige Konferenz der NS-Gedenkorte im Berliner Raum wieder zum jährlichen Gedenken an die »Fabrik-Aktion« und den Protest in der Rosenstraße ein.
In diesem Jahr konnte die Gedenkveranstaltung leider nicht vor Ort mit Publikum durchgeführt werden. Die Beiträge wurden stattdessen vorab aufgezeichnet und können unter www.orte-der-erinnerung.de/rosenstrasse angesehen werden.
Stephan von Dassel, Bezirksbürgermeister von Berlin Mitte, gedachte in seinem Grußwort der Opfern der sogenannten »Fabrik-Aktion« und der mutigen Frauen in der Rosenstraße. Er hob den »einzigartigen Akt von zivilem Widerstand« hervor, der gezeigt habe, dass es möglich war etwas zu tun: »Der Mut dieser Frauen ist für uns heute ein Vorbild und verdeutlicht umso mehr, wie wichtig die Auflehnung gegen Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung war, ist und auch in Zukunft sein wird«.
Dr. Axel Drecoll, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und Vorsitzender der Ständigen Konferenz der NS-Gedenkorte im Berliner Raum 2021, begrüßte zur diesjährigen digitalen Gedenkfeier am Denkmal in der Rosenstraße und rief dazu auf, an die vielen engagierten und mutigen Menschen zu erinnern, die sich dort im Februar 1943 versammelt hatten. Mit Blick auf die Durchführung der Veranstaltung trotz Corona-Einschränkungen schloss er: »auch und gerade heute ist es allerdings von essentieller Bedeutung der Opfer zu gedenken und Zivilcourage, den Mut zur Mitmenschlichkeit besonders zu würdigen«.
Das Gedenkwort übernahm Dr. Klaus Lederer, Bürgermeister von Berlin und Senator für Kultur und Europa, der den Zuschauern ins Gedächtnis rief, dass »die Verfolgung der europäischen Juden nicht vom Himmel gefallen ist«. Er hob das lehrende Beispiel der Ereignissen in der Rosenstraße für den Umgang mit antisemitischen und rassistischen Vorfälle in der heutigen Zeit hervor: »Man kann und man muss handeln, man darf nicht einfach zuschauen. Nicht sehen und nicht sehen wollen, zählt nicht«.
Zum Abschluss sprach Dr. Mario Offenberg von der Israelitischen Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) zu Berlin. In seinem Merkwort warnte er, dass Antisemitismus und Rassismus auch nach 1945 am Küchentisch und am Stammtisch fortbestanden und bis heute überlebt haben, wie die Anschläge in Halle, Hanau und Hamburg sowie weitere 2.000 antisemitische Vorfälle im Jahr 2020 zeigen. Er betonte »das leuchtende Beispiel der Frauen in der Rosenstraße«, welches als eine ganz besondere Form von Widerstand kein zweites Mal zu finden ist: Es »hat uns gezeigt, dass Antisemitismus überwindbar ist, dass Hass überwindbar ist – das bedarf aber entschiedenen, couragierten Dafüreinstehens«. Herr Dr. Offenberg schloss die Gedenkfeier mit einem El Male Rachamin im Gedenken an die Opfer der »Fabrik-Aktion«.
Das stille Gedenken in der Großen Hamburger Straße, der Schweigemarsch zur Rosenstraße und das Zeitzeugengespräch im Instituto Cervantes, in den vorherigen Jahren allesamt feste Bestandteile der Gedenkveranstaltung, mussten 2021 leider abgesagt werden.
Geschichtlicher Hintergrund
Am 27. Februar 1943 fand die »Fabrik-Aktion«, bei der Tausende Jüdinnen und Juden in Berlin festgenommen und anschließend deportiert wurden, statt. Viele in sogenannten »Mischehen« lebende Juden wurden im Zuge dieser Aktion im Sammellager in der Rosenstraße 2-4 interniert. Ihre Angehörigen harrten daraufhin tagelang vor dem Gebäude aus, um die Freilassung zu erwirken.