Im Rahmen der Reihe »Erinnerungskultur in Europa« veranstalteten die Französische Botschaft, die civs und die Ständige Konferenz der Leiter der NS-Gedenkorte im Berliner Raum am 24. Mai 2018 eine Podiumsdiskussion zur Erinnerungskultur in Frankreich.
Zu der Veranstaltung mit dem Titel »Zwischen Kollaboration und Résistance« begrüßte Botschafterin Anne-Marie Descotês etwa 200 Gäste im Auditorium der Französischen Botschaft und betonte in ihrer Rede wie wichtig Gedenkstätten zur Bewahrung der Erinnerung sind.
Zur Einstimmung auf die Podiumsdiskussion arbeitete Michel Jeannoutot, Präsident der Kommission für die Entschädigung der Opfer von Enteignungen (civs), in seinem Grußwort heraus, dass »die Erinnerungskultur als Nährboden für staatliches Handeln dient«. Ergänzend konstatierte Prof. Dr. Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, dass die Erinnerungskultur heutzutage zusätzlich auch »vor neuen Herausforderungen steht«.
Im Anschluss an die Grußworte diskutierten Prof. Dr. Mechthild Gilzmer, außerplanmäßige Professorin an der Universität des Saarlandes, und Dr. Frédérique Neau-Dufour, Leiterin des Europäischen Zentrums des deportierten Widerstandskämpfers in Natzweiler mit Prof. Dr. Günter Morsch, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, über die komplexe Erinnerungskultur und Gedenkstättenlandschaft in Frankreich. Auch der Vergleich mit der deutschen und die Frage nach einer gemeinsamen europäischen Erinnerungskultur kamen dabei nicht zu kurz.
Am Ende der Podiumsdiskussion nutze das Publikum die Gelegenheit, eigene Fragen zu stellen, die dann beim anschließenden Empfang im Innenhof der Botschaft mit Wein und Knabbereien in kleinen Gruppen vertieft werden konnten.
Zum Thema
In beiden Landesteilen Frankreichs hatte es während der deutschen Besatzung zwischen 1940 und 1944 Verfolgung, Kollaboration und Widerstand gegeben. Insbesondere die Erinnerung an den Kampf der »Résistance« als Ausdruck französischer Vaterlandsliebe und das Leid der »Deportation« boten nach dem Krieg die Möglichkeit, Gegensätze zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern zu überbrücken. Erst am 16. Juli 1995 erkannte mit Jacques Chirac ein Staatspräsident die aktive Beteiligung seines Landes an der Deportation und Vernichtung der französischen Juden an. Er sprach von »gemeinsamer« und »unauslöschlicher Schuld«. Seitdem entstanden zahlreiche Museen und Gedenkstätten, die eine kritische Aufarbeitung der »Occupation« verfolgen.
Bild: Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Mechthild Gilzmer, Prof. Dr. Günter Morsch und Dr. Frédérique Neau-Dufour (v.l.n.r.) © Ständige Konferenz